Wieso ich nicht mehr so häufig über jede kommende Abstimmung in der Schweiz geschrieben habe?
Weil es einen Riesenaufwand bedeutet für einen Post, der ein paar Tage nach den Resultaten nie mehr angeschaut wird. Oder lest ihr noch ab und zu meine Blogbeiträge über die Durchsetzungsinitiative, die Heiratsstrafe-Initiative oder jene zum bedingungslosen Grundeinkommen? Eben. Deshalb schreibe ich lieber «rezyklierbarere» Texte, auf welche man hin und wieder verweisen kann: So kann ich immer wieder meine Posts zur Klimaschädlichkeit des Fliegens; zur Pelz-Industrie; zu Saisonalität, Regionalität und Bio-Lebensmittel; zu fiesen Kommunikationstricks wie Whataboutism; zum Thema Pornos oder zur Umweltbelastung von Streaming verwenden, da sie in gewisser Weise «zeitlos» sind. (Sorry, für die kurze Werbung. ;)) Aber es gibt halt auch immer wieder politische Abstimmungen, die doch sehr bedeutsam sind (ja, es gibt auch Abstimmungen, die meines Erachtens weniger grosse Reichweite haben oder wo es keine Mobilisierung von unentschlossenen Wähler*innen benötigt…), weshalb ich nun auf die Abstimmungen vom 27. September 2020 etwas genauer eingehen werde: Zur Begrenzungsinitiative habe ich bereits in meinem letzten Beitrag etwas geschrieben und begründet, wieso ein Annehmen der Begrenzungsinitiative schlecht für unser Land wäre (die Kündigung der bilateralen Verträge, die massive Erschwerung symbiotischer Beziehungen zwischen verschiedenen Staaten im Bereich der Forschung und Bildung etc. pp.) --> Deshalb NEIN zur Begrenzungsinitiative Auch zu den Kampfjets habe ich mich bereits vor einiger Zeit mal geäussert in einem – wie ich finde – immer noch sehr aktuellen Beitrag (einzig der Verweis auf Game Of Thrones entlarvt das frühere Veröffentlichungsdatum…). Zusammengefasst war dort eines meiner Argumente, dass wir seit Jahrhunderten in der Schweiz in keine kriegerischen Aktivitäten mehr verwickelt waren und dass in (Zentral)Europa generell keine klassischen Kriege mehr geführt werden, wo irgendwelche Artillerien mit Panzern über die Grenzen drängen und die Kampfjets darüber hinwegfegen. Kriege sehen heute anders aus. Klar, «wir» führen irgendwelche Stellvertreterkriege in Ländern - natürlich nur dort, wo es natürliche Ressourcen hat und finanzielle Anreize gibt! - , aber selbst da werden immer weniger Kampfjets eingesetzt. Dafür immer mehr Drohnen. Nicht nur Tech-Giganten wie Elon Musk investieren deshalb immer mehr in Drohnen und kaum mehr in Kampfjets (was wir sowohl als beunruhigend wie auch richtungsweisend sehen sollten), sondern auch von Militär-Expert*innen weltweit gibt es immer kritischere Stimmen gegen die Anschaffung neuer Kampfjets, da man mit diesen, die immer grösser werdende Bedrohungen von Drohnen oder anderen (terroristischen) Angriffen kaum lösen kann. Ausserdem ist es ja nicht so, dass wir keine Kampfjets hätten. Wenn man nur die Grösse des Luftraum betrachtet, welche die Schweiz sichern müsste, gehören wir weltweit (!) zu den Ländern mit der grössten Menge an Kampjets pro Fäche und verfehlen nur knapp die «Top» Ten. Das Ziel ist es ja aber eben nicht, dass wir möglichst viele Kampjets haben, sondern genug, um den Luftraum zu sichern (auch hier gehen Expert*innen davon aus, dass man mit 10 leichten Kampfjets dies problemlos meistern könnte). Denn der Kauf solcher Kampfjets ist extrem (!) kostspielig, besonders auch die Instandhaltung der Flotte: 6 Milliarden würde man nämlich für den Kauf ausgeben und die Gesamtkosten bis zum Lebensende der Jets würden sich dann vermutlich auf um die 24 Milliarden belaufen. Dass die Bewirtschaftung solcher Kampfjets auch ökologisch eine Katastrophe ist, sollte uns auch im Hinterkopf bleiben: Schätzungen zufolge belastet eine Flugstunde eines Kampfjets des Typs F/A-18 das Klima so stark wie eine Autofahrt zweieinhalbmal um die Erde. Wir sollten deshalb nicht Ländern wie den USA nacheifern, welche durch ihr Militär die Umwelt stärker verschmutzen als 140 Länder zusammen. Und nochmals: Die grössten Bedrohungen gehen heute nicht von einem dritten Weltkrieg mit der Schweiz als Akteur aus, sondern von Klimakrisen, Pandemien, Wirtschaftskrisen etc. pp. Der sinnvollste Schutz der Schweizer Bevölkerung wäre also die Milliarden einfach mal für «schlechtere Tage» (oder eher: Jahre und Jahrzehnte) auf die Seite zu tun. Der Kauf von teuren Kampfjets inmitten von Corona-, Klima- und Wirtschaftskrise ist – man kann es nicht anders sagen – einfach nur absurd. --> Deshalb NEIN zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge Zum Vaterschaftsurlaub gibt es nicht sonderlich viel zu sagen, da die Schweiz schlicht und einfach eines der am wenigsten fortschrittlichen Ländern in Europa ist, was den Vaterschaftsurlaub anbelangt (siehe Grafik). Heute kriegt ein Vater nach der Geburt seines Kindes genauso viele Freitage zugesprochen wie bei einem Umzug. Im Gegensatz zum Kampfjet-Kauf kostet diese familienpolitische Massnahme auch deutlich weniger: 14 Tage Vaterschaftsurlaub kostet den/die Steuerzahler*in pro Monat ungefähr so viel wie ein einziger Bio-Eistee im Supermarkt. Das ist definitiv verkraftbar. Besonders wenn man bedenkt, dass ein aufgeteilter oder gemeinsamer Elternurlaub (besser wäre das Wort «Elternzeit» als Urlaub…) auch für die Gleichberechtigung der Geschlechter notwendig wäre: Die Frau wird in ihrer Rolle als Mutter unterstützt und der Mann kann (ja, soll!) sich auch mehr von der Rolle als Alleinverdiener verabschieden und dem frischgeborenen Kind widmen. Dass diese Vorlage nicht angenommen wird, halte ich deshalb als unwahrscheinlich, da es für den Vaterschaftsurlaub einfach zu viele solide Argumente gibt. --> Deshalb JA zum Vaterschaftsurlaub/Erwerbsersatzgesetz Ich weiss, ich weiss… Als Leser*in ist man vielleicht nun schon etwas erschöpft von der bisherigen Lektüre, aber es steht noch eine ganz wichtige Entscheidung an: Die Entscheidung über das neue Jagdgesetz. Im Grunde läuft es auf Folgendes hinaus: Aktuell muss man gute Gründe vorweisen, wieso man ein Wildtier erschiessen möchte. Genau dies soll aber nun geändert werden, so dass die Kantone selber bestimmen können, ob man gewisse Tierarten sozusagen prophylaktisch mal abknallen möchte. Diese Shoot-First-Talk-Second-Taktik kennt man sonst eigentlich nur aus Amerika, scheint aber hier vor allem im Wallis und im Graubünden einige Anhänger*innen zu finden – natürlich genau in jenen Kantonen, welche besonders konservativ sind und wo Wildtiere wie Wölfe am meisten auftreten. Bei Annahme des Gesetzes kann man also schwer davon ausgehen, dass nicht nur der Wolf bald massiv stärker gejagt werden wird, sondern auch Luchse oder Biber, weil diese dem Menschen «zu nahe» kommen (abgesehen davon, dass neu auch andere, teilweise sogar bisher geschützte Wildtierarten wie Graureiher, Gänsesäger, Feldhasen etc. gejagt werden können). Spannend diesbezüglich ist, dass es von diesen Wildtierarten keinen einzigen Fall von einem gewaltsamen Zusammentreffen mit dem Menschen gibt. Und die Todesfälle von Nutztieren wie Schafen, Hühnern usw. durch Wolf, Luchs und Co. sind immer noch massiv niedriger als Unfälle aufgrund von schlechtem Herdenschutz (wie tödliche Abstürze). Wieso können wir also keine 50-90 Wölfe in der Schweiz haben, während wir in der Schweiz rasch in Richtung 9 Millionen Menschen gehen? Wie kann es sein, dass wir jährlich 72 Millionen Nutztiere schlachten können, während wir mit knapp 100 Luchsen in der Schweiz nicht koexistieren können? (Passender Filmtipp zum Thema «Zusammenleben von Mensch und Wildtieren»: Prinzessin Mononoke) In Zeiten, wo immer mehr Arten aussterben und durch die Zersiedelung immer weiter zurückgedrängt werden, ist ein präventives Abschiessen von Wolf, Biber und Co. einfach nur absurd. Wir brauchen mehr Präventivmassnahmen wie beispielsweise ein ausgebauter Herdenschutz. Und vielleicht wäre es auch sinnvoll, wenn wir mehr Gebiete in der Schweiz einfach gänzlich unberührt liessen (oder zumindest nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten «formen» würden), damit sich Wölfe von anderen Säugetieren wie Rehen, Hasen, Wildschweinen oder was auch immer ernähren können und wir nicht den Wölfen das Wild auch noch vor der Nase wegessen – als hätten wir nicht schon einen übertrieben hohen Fleischkonsum in der Schweiz… --> Deshalb NEIN zum neuen Jagdgesetz PS: Ich weiss, es steht noch eine fünfte Initiative zur Abstimmung, aber meine Energie und Motivation sind mittlerweile so ausgeschöpft wie das staatliche Budget nach einem allfälligen Kampfjet-Kauf oder die Wolfspopulation nach Annahme des Jagdgesetzes. Deshalb nur kurz und knapp: NEIN zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten. Wieso? Informiert euch selber. ;)
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