Nein. Totale Durchsetzung - Epilog Es sei denn, man ist gewillt, dass sich diese dramatische Handlung nicht in einer Komödie auflöst, sondern in einer Tragödie endet – die Wahl der Form ist also ganz der Leserin oder dem Leser (i.e. der Stimmbürgerin oder dem Stimmbürger) überlassen.
Was die Wahl des Genres beispielsweise im Bereich der Filmkunst anbelangt, würde ich zwar üblicherweise die Tragödie der Komödie vorziehen; aber bei dem folgenden Drama handelt es sich nicht um Fiktion, sondern um eine politische Realität, bei welcher wir uns immer gegen die Katastrophe entscheiden sollten. Wenn wir also die Fakten und Konsequenzen der Durchsetzungsinitiative objektiv betrachten, gibt es eigentlich nur eine Antwort darauf. Das Volk ist aber gespalten und emotional aufgeladen. Das macht uns blind und lässt uns irrational handeln – eine der grössten Gefahren der Volksinitiative. Natürlich befinden wir uns in einer schwierigen Situation mit der aktuellen Flüchtlingsthematik und dies sollten wir alle (auch die linken Parteien) anerkennen und nicht herunterspielen. Eine Lösung muss gesucht und gefunden werden, aber die Durchsetzungsinitiative ist dafür nicht das richtige Instrument. Auch das sollten wir alle akzeptieren. Und das ist der wohl grösste Kritikpunkt an der SVP: Deren Mitglieder stehen praktisch ausnahmslos geschlossen hinter der Initiative respektive dem Parteiprogramm – egal wie sinnvoll und vertretbar es sein mag oder eben auch nicht. Dieses unreflektierte Gehorchen und Befolgen der Obrigkeit, welches wir in dieser Abstimmungskampagne seitens der SVP gesehen haben, ist ein erschreckendes und extrem gefährliches Verhalten, das in der Geschichte der Menschheit schon manche düstere Kapitel begünstigt oder gar eingeläutet hat. Zusammen mit der Tatsache, dass geistige Anführer wie Blocher, Köppel oder Brunner mit unglaublich verdrehten und absurden Theorien jonglieren (Stichwort „die Schweiz auf dem Weg zur Diktatur“), sollte dies bei jedem rational denkenden Wesen zu einem Zustand äusserster Besorgnis führen. Die SVP ist nicht unser Feind; sie ist bloss eine Partei mit vielen von falschen Theorien geblendeten und – verständlicherweise – verängstigten Mitgliedern. Unser Feind ist die Durchsetzungsinitiative (und im weiteren Sinne die oben genannten Blender und Verführer der SVP). Dagegen müssen wir uns wehren und aktiv Widerstand leisten. Nicht mit herablassendem Belächeln, niveaulosen Beleidigungen oder pubertärem (also nicht-künstlerischem) Plakat-Vandalismus; sondern mit objektiven, gut begründeten und durchdachten Argumenten (und die gibt es reichlich), mit kreativen Ideen, auffälligen Umsetzungen und mit einer gewissen Portion Hartnäckigkeit, Ernsthaftigkeit und – ebenfalls wichtig – Verständnis. Eine Lösung muss gesucht und gefunden werden, aber nicht auf Kosten der Menschenrechte. Deshalb reicht ein einziges Wort im letzten Akt. Die aktuellen Herausforderungen der Gesellschaft – und zwar nicht nur jene in der Schweiz, sondern in ganz Europa und besonders in Ländern wie Syrien, in welchen effektiv der Krieg tobt – sind damit freilich noch nicht behoben, aber zumindest werden nicht neue geschaffen.
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Liebe SVP Was ist bloss los mit dir? Letzte Woche erhielt ich zwei Exemplare deines Extrablatts und las über deinen Plan, die Schweiz zu entrümpeln. Dafür dürfe man die Ausländer und Flüchtlinge nicht mehr mit Samthandschuhen anfassen. Die Durchsetzungsinitiative sei dafür das einzige und deshalb absolut notwendige Mittel. Du erläuterst dies natürlich auch mit harten Fakten, damit der Schweizer Bürger erkennt, was wirklich Sache ist. Das Problem ist nur: Du bist selber zu weich geworden! So, jetzt habe ich es gesagt. Aber man muss jetzt einfach mal Tacheles reden, wenn wir die Schweiz vor der linken Diktatur bewahren wollen. Und dafür musst du einfach noch einen Zacken zulegen, noch stärker in die Trickkiste greifen, noch plakativere Botschaften vermitteln. Schliesslich steht die nationale Sicherheit, wenn nicht gar die Existenz der ganzen Welt auf dem Spiel! Alles andere ist höchst gefährliche Untertreibung. Aber zurück zu deinem Extrablatt. Im Bereich der Kriminalität zum Beispiel: Dort steht geschrieben, dass 73 Prozent der Gefängnisinsassen ausländischer Herkunft sind. Da frage ich mich, wieso man das nicht aufrunden kann; so halbpatzige Zahlen mögen wir Eidgenossen doch nicht. Also 75 Prozent. Das wiederum kann ja auch aufgerundet werden, also schreiben wir doch am besten gleich 100 Prozent. Diejenigen, die nämlich im Gefängnis sitzen, verhalten sich sowieso nicht sehr schweizerisch; sonst wären sie ja gar nicht im Gefängnis gelandet, oder? Eben. Und wenn dann wieder das linke Pack schreibt, dass die Zahlen ja gar nicht stimmen und eigentlich massiv unter 73 Prozent liegen würden, da der grösste Teil an Verbrechen von Kriminaltouristen begangen werden, die faktisch nicht der Schweizer Bevölkerung angehören und dadurch im Übrigen auch nicht von der Initiative tangiert würden, zumal sie ja sowieso illegal hier sind; dann weiche nicht von deinem Kurs – schliesslich steht es Wort gegen Wort. Und wenn du deine Gegner jetzt einfach mit deiner Lautstärke übertrumpfst, dann gewinnst du. Immer. Und sonst musst du den Feind halt mundtot machen. Da kannst du ruhig was vom Putin lernen: Der hat eine solche Macht, dass sie sogar bis nach London reicht. Jedenfalls ist es wichtig, dass dir auch niemand aus deinen eigenen Reihen in den Rücken fällt. Wenn einer weich wird, dann wackelt das ganze Fundament. Und dann haben wir den Salat – und den wollen wir ganz bestimmt nicht. Soweit kommt's noch, dass wir alle zu verweichlichten Veganern werden. Näi, hör mer uf! Höchstens der Hans-Ueli Vogt darf dir widersprechen. Der hat das nämlich ganz klug gemacht mit dem Verwirrung stiften. Läck, hab ich mich darüber amüsiert, dass die Leute diesen Mist von wegen Secondos seien keine Ausländer wirklich noch geschluckt haben – und das, obwohl der Initiativtext so eine Auslegung ja nicht im geringsten zulässt. Aber ganz unrecht hat er natürlich nicht. Denn wir müssen diesen Begriff des „Ausländers“ schon noch mal überdenken. Die Frage ist allerdings nicht, wen man davon ausnehmen sollte, sondern wer noch alles dazu gehört. Und das sind eine ganze Menge! Diese „Pseudo-Schweizer“ zum Beispiel, die es irgendwie geschafft haben, sich einen Schweizer Pass zu ergattern. Und das bloss, weil ein oder beide Elternteile per Zufall auch Schweizer sind. Aber deshalb ist man noch lange kein Schweizer! Man muss beweisen können, dass man es verdient hat, Eidgenosse zu sein. Deshalb bin ich dafür, dass man einen neuen Pass oder zumindest so eine Art Herkunfts-Zertifikat einführt, das bestätigt, dass man „richtiger Schweizer“ ist und nicht bloss so ein „Papierlischwyzer“ wie etwa dieser Carlos, der uns nur auf den Brieftaschen rumsitzt. Den könnte man ja zum Beispiel nach Kamerun ausschafen*, wo seine Mutter ursprünglich herkommt. Generell müsste man alle diese Pseudo-Schweizer einfach fragen, welches Land ihnen denn ausserhalb der Schweizer Grenze am meisten entspricht. Und dann würde man sie halt einfach dorthin schicken. Ist mir dann eigentlich wurscht, ob das Amerika oder der Islamische Staat ist. Bloss raus aus der Schweiz sollen sie! Deshalb, liebe SVP, denkst du nicht, dass du auf das Jahr 2017 hin eine weitere Initiative lancieren könntest, sozusagen die „Totale Durchsetzungsinitiative“, bei welcher der Ausländer-Begriff noch etwas breiter gefasst ist? Und vielleicht könntest du ja, wenn du gerade dabei bist, noch das Schweizer Rechtssystem etwas anpassen, so dass wir selber definieren können, wer Ausländer und wer Richter ist – immerhin hast du es ja diesmal auch geschafft, die lästigen parlamentarischen Diskussionen auszuhebeln, so dass man direkt etwas in die Verfassung schreiben kann. Halt ganz im Sinne einer demokratischen Volkspartei. Hui, wie ich mich schon darauf freue, die Gesichter des Europäischen Gerichtshofs zu sehen, wenn sie ehrfürchtig und blass vor Neid zu uns in die Schweiz schauen und sich beim Anblick unseres tadellos funktionierenden Rechtssystems wünschen werden, sich nie von uns distanziert zu haben. Auf allen Vieren werden sie angekrochen kommen – falls die EU bis dann natürlich noch nicht in der Migrations-Anarchie untergegangen ist – und darum flehen, dass wir sie aufnehmen werden und sie Teil unseres erweiterten, nationalen Völkerrechts machen; zu einem Teil der Schweiz – ein geeintes Volk von wahrhaftigen Eidgenossen und höchstens hier und da ein paar tolerierte Ausländer (musst also keine Angst um deine vietnamesische Frau haben, Köppel). Jetzt müssen wir alle bloss noch das Richtige wählen gehen, dann steht unserer totalen Durchsetzung nichts und niemand mehr im Wege. Mit kameradschaftlichen Grüssen Dein grösster Verehrer Die SVP (*Anmerkung des Autors: Dieser Flüchtigkeitsfehler – oder Flüchtlingskeitsfehler? - wurde bewusst stehen gelassen; man beachte dafür die aktuellen SVP-Plakate... #ausschafen) HIER geht's zum 3. Akt.
Auch in diesem noch so jungen Jahr wurden bereits wieder die Briefkästen der halben Schweiz Opfer von politischem Vandalismus. Denn egal wie viele „Keine Werbung“-Kleber am Briefkasten befestigt sind: Die Post wird euch das SVP-Extrablatt in den Briefkasten stopfen. Gemäss dem Gesetz handelt es sich dabei nämlich nicht um Werbung, sondern um sogenannte „politische Informationen“, welche für einen demokratischen Staat – so die Post – unverzichtbar seien. Diese „Promo-Post“, wie sie offiziell auch genannt wird, kann man also nicht abstellen. So hilft es beispielsweise auch nicht, wenn man ausdrücklich auf den Briefkasten schreibt, dass man neben Werbung auch auf „politische Informationen“ (abgesehen natürlich von den brieflichen Stimmunterlagen) verzichten möchte. Dies habe ich nämlich im März letzten Jahres nach einem erstaunlich unaufgeregten Mailkontakt mit dem SVP-Schweiz-Sekretariat gemacht, worauf ich nun diese Woche – womöglich als provokative Reaktion darauf – sogar zwei Exemplare dieses ungebetenen Gasts erhielt. Nun kann (und muss) man sich natürlich überlegen, wie man auf dieses Ärgernis reagieren kann. Eine Möglichkeit, die häufig in Betracht gezogen wird, ist das Retournieren ohne den Brief respektive die Zeitung zu frankieren. Leider funktioniert diese Strategie in den wenigsten Fällen, da sich die Post mittlerweile dagegen gewappnet hat und diese absichtlich unfrankierten Rücksendungen abfangen kann. Selbst wenn die Post den gewieften Plan nicht durchschauen würde (wenn man zum Beispiel das Extrablatt in einem Briefumschlag gut tarnen würde), dann kann der Empfänger (i.e. das jeweilige regionale SVP-Sekretariat oder die einzelnen Parteimitglieder) die Briefpost immer noch ablehnen, wenn der Braten quasi durch das Briefpapier gerochen wird; und das ist ziemlich wahrscheinlich bei einem recht dicken, unfrankierten Brief ohne Absender – besonders in den paar Tagen nach dem Verschicken des Extrablatts. Dass die Partei oder ihre Mitglieder dafür aufkommen müssen, scheint zwar nicht ausgeschlossen, aber doch eher unwahrscheinlich (und würde diese von Superreichen gesponserte "Volks"partei wohl auch kaum beeinträchtigen). In den meisten Fällen wird wohl einfach die Post die fehlende Frankierung begleichen; was, angesichts der Tatsache, dass sie diese Partei-Propaganda unterstützt, auch ziemlich legitim wäre – immerhin gibt es praktisch keine andere Partei, die von diesem Angebot der Post so regelmässig und in dieser unglaublichen Quantität Gebrauch macht (verlässliche Quellen schreiben von über vier Millionen Versendungen). Was kann man also dagegen tun? Die mit Abstand einfachste Möglichkeit ist sicherlich, wenn man die ungewünschte Post einfach in das Altpapier legt – mit oder ohne Schulterzucken, Fluchen, genervter Mail an die Partei-Spitze oder was auch immer. Ebenfalls möglich und im Internet mehrfach angepriesen: Das saugfähige Extrablatt unter das Katzenstreu im Katzenkistchen legen. Diese Variante wird zwar von einigen als primitiv abgestempelt – was angesichts des Inhalts dieser Zeitung also durchaus passend wäre –, jedoch sehe ich bei dieser Alternative eher das Problem, dass sich meine Katzen wohl selbst dafür zu schade wären. Nach reichlicher Überlegung entschied ich mich also für die oben-genannte, bequeme Variante und entsorgte das Infoblatt im Altpapier. Da ich aber gleichzeitig der Meinung bin, dass man dieses dominante Vorpreschen der Partei nicht tolerieren kann, habe ich mir folgenden Gegenschlag ausgedacht: In einem ersten Schritt müsst ihr den regionalen SVP-Vorstand oder dessen Gemeinde- oder Grossrat (oder alle zusammen) ausfindig machen. Ob ihr auf der richtigen Seite gelandet seid, erkennt ihr relativ schnell an den Gesichtern (siehe Bild unten). Praktischerweise sollten auf der offiziellen Website auch gleich die Adressen der Mitglieder stehen. Wählt nun alle Adressen aus und gebt sie beim Routenplaner bei Google Maps ein. Nun sollte euch einen in der Distanz und Länge variierenden Spaziergang vorgeschlagen werden . Wenn jener zu lang sein sollte, empfehle ich euch entweder auf das Fahrrad umzusteigen oder euch auf maximal sechs Empfänger, die einigermassen in der Nähe wohnen, zu beschränken. Die zentrale Frage ist nun, was wir diesen Personen schenken können, damit auch sie politisch informiert sind und am demokratischen Prozess teilnehmen können. Natürlich sollen hier der Kreativität und Individualität keine Grenzen gesetzt werden (versucht einfach nicht unter die Gürtellinie zu zielen; also keine Schwiizergoofe-CD usw.). Ich entschied mich schliesslich für die Menschenrechtskonvention, welche ja bei einer allfälligen Annahme der Durchsetzungsinitiative nicht mehr gültig wäre und höchstwahrscheinlich gekündigt werden müsste. Das Dokument dazu findet ihr hier (aus ökologischen Gründen empfehle ich Abschnitt II und III wegzulassen, so dass man bei zwei Seiten pro Blatt auf ungefähr vier Seiten kommt). Der letzte Schritt ist dann der ausgedehnte Spaziergang als ehrenamtlicher Postbote, bei welchem man die Post (mit oder ohne Kuvert) an die Empfänger ausliefert. Ihr werdet sehen, dass ihr dabei nicht nur etwas für die eigene physische und psychische Gesundheit macht, sondern auch neue Viertel oder Strassen (dieser Tage sogar im hübschen weissen Gewand) erkunden könnt und nebenbei vielleicht sogar erkennt, dass diese Personen tatsächlich Menschen wie du und ich sind, auch wenn man beim Lesen des Extrablatt-Inhalts etwas anderes erwarten könnte. Nachträgliche Anmerkung: Nachdem ich mich bei dem Gedanken, dass dieser ungebetene Gast noch immer in meiner Wohnung weilte, unwohl fühlte, machte ich heute noch einmal einen kleinen Spaziergang und entsorgte die beiden Zeitungen ebenfalls im Briefkasten des Oltner SVP-Präsidenten. Jetzt fühle ich mich besser... HIER gehts zum 2. Akt!
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SaoiAebiLebenskünstler, Philosoph, Hobbykoch, Balkongärtner, Freelanceaktivist, Lehrer, Katzen- und Tierfreund, Spirituosenliebhaber, Melancholiker, Musiker, Gesellschaftskritiker, Mensch, Lebewesen, Materie. Oder so. Archives
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