Gerade eben in einer Online-Zeitung gelesen: Heute wurde nach ausführlichen und zähen Gesprächen ein europäisches Gesetz verabschiedet, welches der Vielfliegerei entgegenwirken soll, indem der negative Einfluss auf die Umwelt durch schädliche Emissionen stärker berappt werden soll (Clean Climate Act). Bereits ab nächstem Jahr könnte deshalb der Preis für ein Flugticket um beinahe das Doppelte ansteigen. (sda) Nein, stimmt natürlich alles nicht (war also bloss aus der Rubrik "hausgemachte Lügenpresse" - es lebe das kontrafaktische Zeitalter). Auch wenn grundsätzlich Konsens herrscht oder herrschen sollte, dass Fliegen massiv zu günstig ist (Zürich – Hamburg? Hin und zurück: ab 67.90 CHF. Zürich – Lissabon? Hin und zurück: ab 65'20 CHF. Zürich – London? Hin und zurück: ab 76.20 CHF), gibt es so ein Gesetz nicht. Zumindest noch nicht. Dennoch sollte jede Person, die ihre Gehirnzellen auch nur ein bisschen anstrengt, realisieren, dass da etwas faul an den Preisen sein muss: Die zahlreichen Checks am Flughafen, das ganze Personal, die Sicherheitsvorkehrungen, der Bau des Gebäudes und dessen Instandhaltung. Aber auch marketingtechnische Bereiche wie Werbung und Service. Dann kommen natürlich noch die Flieger dazu, die gebaut, gekauft und revidiert werden müssen, sowie Personal im und ausserhalb des Flugzeugs, Strom, viel teures Kerosin (einen Flug nach New York benötigt beispielsweise knapp 80'000 Kilogramm Treibstoff), Umweltabgaben etc. pp. Nein, irgendwas kann da definitiv nicht stimmen. Den meisten Leuten ist dies freilich recht egal, ganz im Sinne von: „Ist ja nicht mein Fehler, dass Fliegen so günstig ist.“ Oder: „Die Andern sind genauso Schuld, wenn sie auch fliegen.“ (Hierzu empfehle ich den gleichermassen unterhaltsamen, wie unfreiwillig traurigen Dialog "Generation Easyjet".) Meistens verweisen solche Leute darauf, dass man etwas am System ändern müsse und der persönliche Verzicht sowieso nichts bringe. In Gesprächen – egal, ob es ums Fliegen, um den Fleischverzehr, um günstige Textilien oder um unethisch produzierte technische Geräte geht – wird dann meistens beteuert, dass man jedoch eine solche Änderung des Systems natürlich begrüssen würde: „Aber sicher würde ich dafür stimmen, wenn Fliegen/Fleisch/Milchprodukte/Kleidung usw. teurer würden, damit es die Menschen mit ihrem Konsum nicht so übertreiben und dadurch menschliches, tierisches oder ökologisches Leid vermindert werden könnte.“ Nun bitte ich euch nochmal zurückzugehen zum Beginn dieses Blog-Beitrags. Empfindet ihr bei der fiktiven Meldung tatsächlich Erleichterung, dass man der Umwelt Willen (also nicht, damit EasyJet und Co. einfach mehr absahnen können) das Fliegen teurer machen würde? Oder ist es das gleiche Gefühl, wenn man bei einer Abstimmung für etwas stimmt, dass man eigentlich gar nicht wirklich wollte, aber dessen Ausgang man auch nicht erwartete und deshalb trotzdem einfach mal „ein Zeichen setzen wollte“? Oder kocht da schon die Vorstufe des Wutbürgers hoch, der auf sein Recht auf vermeintlich bedingungslose Freiheit pocht? Natürlich braucht es langfristig gesehen eine Besteuerung von klimaschädlichen Handlungen, also beispielsweise eine Fleischsteuer oder eine Kerosin- sowie Mehrwertsteuer auf Flüge (beides übrigens hochsubventionierte Wirtschaftssektoren), aber erstens können wir nicht bloss auf die Änderung eines extrem trägen und komplexen ökonomischen Systems hoffen, und zweitens gibt es viele – entschuldigt bitte den Ausdruck – HeuchlerInnen, die ihre Schuld auf ein abstraktes Gebilde abwälzen wollen; und wenn dann effektiv der Moment der Entscheidung kommen sollte, wird schliesslich trotzdem wider die Vernunft gestimmt. So erstaunt es nicht, dass allein ab Zürich-Kloten ungefähr 270'000 Passagiere befördert werden – und zwar nicht jährlich, sondern an einem einzigen (!) Wochenende. Wenn wir berücksichtigen, dass ab Basel und Genf auch noch geflogen wird, kommen wir durchschnittlich auf eine knappe halbe Million Passagiere pro Wochenende in der Schweiz. Auf das Jahr hinaus gerechnet sind das 26 Millionen Passagiere. Lediglich an Wochenenden und in der kleinen Schweiz. Aus diesem Grund ist das Fliegen (als Speerspitze der Mobilität) – neben der Nutztierhaltung, welche auch eng mit dem Sektor Transport und Verkehr verknüpft ist (Stichwort: Soja-Kraftfutter) – eine der grössten Klimasünder der heutigen Zeit und trägt erheblich zum Klimawandel und letztendlich der Zerstörung unserer Lebensräume bei. Da helfen logischerweise auch keine Emissionszertifikate, die ja nicht dazu dienen, Emissionen tatsächlich zu verringern, sondern nur Geld hin und her zu schieben, so dass „Flugnationen“ wie die Schweiz anderen Ländern einfach überschüssige Zertifikate abkaufen können. Ausserdem wird der Preis dieser Emissionsrechte ja durch den Markt bestimmt und hat praktisch nichts mehr mit einem effektiven Verschmutzungsgrad zu tun. Der Markt macht also das Gleiche wie die Bevölkerung: Er versucht sich möglichst billig irgendwie rauszureden. Deshalb entschied ich vor einiger Zeit einfach nicht mehr zu fliegen. Und das hat ebenso wenig mit Flugangst oder dergleichen zu tun, wie Vegis aufgrund des Geschmacks aufhören Fleisch oder tierische Produkte zu essen. Im Gegenteil: Ich mag das Fliegen eigentlich (im Gegensatz zu Flughäfen, die ich als eine Art „Limbo“ auf Erden betrachte): Das langsame über die Piste gleiten. Das Warten am Ende dieses Pistenlabyrinths. Dann das plötzliche Beschleunigen, der sanfte Nervenkitzel. Das seltsame Gefühl, wenn dieses tonnenschwere Transportmittel dann tatsächlich abhebt. Der lange Aufstieg, die leichte Orientierungslosigkeit im unendlichen Weiss der Wolken, und schliesslich der Durchbruch durch die letzten Wolkenwände und die bedächtige Ruhe danach, wenn die Sonnenstrahlen durch das Fenster dringen... Trotzdem ist es bereits über zweieinhalb Jahre her seit meinem Flugentzug. Ich fühle mich aber weder unerholt, noch habe ich das Gefühl, ich müsse auf etwas verzichten. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass Verzicht etwas sehr Kurzfristiges ist. Mit der Zeit merkt man, dass es auch ganz gut ohne geht; denn man verzichtet ja nicht generell auf Ferien, nur auf ein bestimmtes Transportmittel. Sicherlich fallen gewisse Destinationen so weg, aber statt einem Strand in Bali könnte man ja auch nach Portugal oder Kroatien ans Meer fahren. Statt New York empfehlt sich ein Spaziergang durch die Geschäftsviertel Londons (ab Basel ist man mit dem Zug immerhin in sieben Stunden in der Metropole Englands - und mühsame Check-Ins/Outs am Flughafen erspart man sich ausserdem). Und statt einer Wanderung durch den südamerikanischen Dschungel kann man auch durch dichte Schweizer Bergwälder ziehen – es muss ja auch nicht immer das Ausland sein. Denn neben dem gewählten Transportmittel macht logischerweise auch die Distanz zu einem Urlaubsziel einen Unterschied. Und zwar einen gewaltigen. Während ich also in den letzten zweieinhalb Jahren stets mit dem Zug unterwegs war, haben die berüchtigsten Vielflieger aus meinem Freundeskreis (Namen der Red. bekannt ;-)) teilweise bis zu fünf interkontinentale Flüge hinter sich gebracht. Was dies für den ökologischen Fussabdruck bedeutet, wollte ich deshalb mal ausrechnen - und möglichst bildhaft darstellen. Auf diversen Seiten habe ich mich also über die unterschiedlichen Berechnung des Footprints informiert und versucht, einen möglichst realistischen Vergleich zwischen einer Reise mit dem Zug und dem Flugzeug zu ziehen. Dies ist nicht immer ganz einfach eruierbar, da viele Faktoren den ökologischen Endwert beeinflussen (Personendichte im jeweiligen Transportmittel, Öko- oder grauer Strom bei der Zugfahrt, Distanzen etc.). Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Faktor bei kürzeren Flugdistanzen im Vergleich zur Zugfahrt deutlich erhöht ist. Flugreisen innerhalb des deutschsprachigen Raums verursachen beispielsweise einen bis zu achtmal grösseren CO2-Ausstoss als wenn man mit dem Zug fahren würde. Andererseits sind die Strecken wesentlich kürzer als bei einem Flug nach Amerika oder Asien. Dann gilt nämlich noch zu beachten, dass der Kohlenstoffdioxid-Ausstoss in einer Höhe von ca. zehn Kilometern ungefähr dreimal schädlicher ist als auf der Erdoberfläche (da er in der Atmosphäre nicht von Pflanzen umgewandelt werden kann und deshalb zur Absorption von Wärmeenergie führt, die von der Erdoberfläche reflektiert wird – ein wichtiger Faktor des Treibhauseffekts). Dazu kommt noch der Wasserdampf in Form von Kondensstreifen, welcher ebenfalls (wenn auch in geringerer Weise) zur Erderwärmung beiträgt, sowie die Emission weiterer toxischen Stoffen wie Stick-, Schwefel- oder Kohlenmonoxide. Zusammengefasst kann man deshalb sagen, dass Fliegen durchschnittlich knapp viermal schädlicher ist als Zugfahren. Nun habe ich einige unterschiedliche (tatsächlich geflogene) interkontinentale Feriendestinationen in meinem sozialen Umfeld ausgewertet und die Distanz notiert (z.B. Basel – New York: 6'249.48 km, Basel – Bangkok: 9'099.62 km, Basel – Capetown: 9'124.45 km, Basel – Buenos Aires: 11'243.26 km, Basel – Sydney: 16'632.66 km). Die durchschnittliche Distanz dieser interkontinentalen Reiseziele ergibt 10'469 km. Hin- und Rückflug kommt also auf 20'938 km. In einem zweiten Schritt habe ich nun alle meine europäischen Feriendestinationen (bspw. Berlin, Amsterdam, Wien, Paris, Brüssel, München, Prag, London etc.; exkl. Schweizer Städte/Orte) in den letzten Jahren notiert und dort ebenso einen durchschnittlichen Wert ermittelt. Dieser beläuft sich auf durchschnittlich ca. 696 km resp. 1'392 km (inkl. Rückreise) pro persönliches europäisches Reiseziel (Wichtiger Hinweis: Der Wert wäre natürlich etwas höher, wenn noch iberische oder skandinavische Länder dazukämen). Wenn wir jetzt also einfach mal die Distanzen vergleichen, dann lässt sich sagen, dass man für eine interkontinentale Destination etwa 15 europäische Reisen machen kann, um auf den gleichen Wert zu kommen. Wenn also jemand nach Kuba fliegt, könnte eine andere Person also theoretisch fast einen Drittel aller europäischen Hauptstädte besuchen (man bedenke zudem, dass sich ein Städtetrip auch mit Ausflügen in andere Städte verbinden liesse – Stichwort: Interrail –, so dass die effektive Zahl der besuchten europäischen Orten je nachdem noch deutlich höher läge). Nun sind wir allerdings noch nicht ganz fertig mit dem Rechenspiel – immerhin haben wir die höhere Anzahl an schädlichen Emissionen beim Fliegen noch nicht berücksichtigt. Wir müssen also den Wert noch mal vier multiplizieren. Damit müssen wir die Angaben oben revidieren: Für ein durchschnittliches interkontinentales Reiseziel kann man ungefähr 60 verschiedene europäische Zugreisen tätigen, um aus ökologischer Sicht gleich dazustehen. Das heisst, man kann so ziemlich ganz Europa entdecken und kommt damit praktisch gleich weg wie jemand, der aussereuropäisch fliegt. Wenn wir jetzt noch abschliessend bedenken, dass die VielfliegerInnen aus meinem sozialen Umfeld in lediglich zweieinhalb Jahren fünf Mal mit dem Flugzeug eine weite Distanz zurück gelegt haben, so hätte ich in dieser Zeit 300 nahe Reiseziele anvisieren können. Diese Zahl wirkt natürlich insofern absurd, da ich so an jedem dritten Tag in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine Europareise hätte antreten können. Noch eindrücklicher wird das Ganze, wenn wir davon ausgehen, dass man vielleicht vier Reisen pro Jahr (also eine Reise pro Jahreszeit) macht und dabei komplett auf das Fliegen verzichten würde. Dann könnte ich in diesem hypothetischen Fall nämlich die nächsten 75 Jahre viermal im Jahr europäisch mit dem Zug verreisen und würde vermutlich noch vor meinem Tod (ich gehe jetzt nicht davon aus, dass ich 103 Jahre alt werde) immer noch ökologisch besser dastehen als dies einige (wenige) Kollegen und Kolleginnen in zweieinhalb Jahren geschafft haben. Die gute Nachricht an der ganzen Angelegenheit ist, dass wir es dabei zwar mit durchaus realistischen Zahlen zu tun haben (es sind ja nicht aus der Luft gegriffene Reiseorte und Anzahl Flüge), aber auch mit einer Art Worst-Case-Szenario, da die meisten Personen doch nicht ganz so häufig in den Flieger steigen – auch wenn eine Tendenz in diese Richtung leider mehr als evident ist. Deshalb geht es wie so häufig darum, ein gutes Mass zu finden, damit wir nicht alle in eine offensichtliche Klimakatastrophe laufen beziehungsweise fliegen. Wie dieses Mass aussieht, ist freilich wieder offen. Meiner Meinung nach – und auf Gefahr hin, mich mal wieder unbeliebt zu machen –, könnte es durchaus sinnvoll sein, mit Kontingenten pro Personen zu arbeiten. Man könnte beispielsweise dafür plädieren, dass jede Person in ihrem ganzen Leben grundsätzlich sechsmal interkontinental fliegen kann (exkl. Rückflug), damit jeder Mensch die Möglichkeit hätte, jeden Kontinenten der Erde zumindest einmal zu sehen (die Antarktika mal ausgeschlossen, da es den meisten Leuten dort sowieso sehr rasch langweilig werden würde – abgesehen davon, dass uns dieser Kontinent in Zukunft sowieso womöglich wegschmilzen wird). Ich bin mir bewusst, dass man mit einer solchen Forderung ein bisschen gegen die Globalisierung zielt, die ja grundsätzlich begrüssenswert ist. Meine Beweggründe für diese Überlegungen sind allerdings nicht, dass ich die Menschheit in ihre willkürlich hineingeborene geografische Orte einsperren möchte; wir dürfen aber die Augen auch nicht vor den negativen Folgen unseres Handelns verschliessen: Dass wir uns mit unserem exzessiven Reiseverhalten langfristig selbst schaden und dadurch ironischerweise viele Orte zerstören, die wir anfliegen. Reisen ist Bildung. Aber nicht jede Reise ist gleich bildend. Für den ökologischen Fussabdruck macht das freilich keinen Unterschied. Er bleibt immer gleich hoch, egal ob wir durch die Reise einen Schritt weiter in unserer persönlichen "geistigen Evolution" gemacht haben oder wir einfach an einem Strand rumgelegen sind und exotischen Früchte verspeist haben. Bei einem hypothetischen Kontingent von sechs Flügen (kontinentale Flüge sollten am besten sowieso vermieden werden – zumindest in Europa, wo die Strecken noch einigermassen überschaubar sind) müsste man halt Prioritäten setzen und sich überlegen, wie und wann man die Reisen einteilt; ob man wirklich mal in Paraguay gewesen sein muss, wenn man kaum Spanisch spricht oder ob man nach Japan reisen muss, obschon der einzige Verknüpfungspunkt die Sushi-Box aus dem Coop ist. Würde in diesen Fällen nicht ein ausgedehntes Bad bei typischer Harfenmusik Paraguays oder einer japanischen Doku über die Hokkaido-Insel und einer Tasse authentischer Grüntee reichen? Für uns als Wohlstandsland im 21. Jahrhundert ist dieser „Einschnitt“ in die Reisefreiheit vielleicht unvorstellbar, aber wir sollten uns auch bewusst sein, dass diese uneingeschränkte Reisemöglichkeiten für die Generationen vor uns und zahlreichen Menschen anderer Nationen noch heute ebenso unvorstellbar ist (gemäss einer Studie gehören wir nämlich zu den glücklichen 5 Prozent, die tatsächlich die Möglichkeit haben, vom Fliegen zu profitieren; eine Einschränkung wäre also auch eine Art Akt globaler Gleichberechtigung, da niemals alle Menschen die Möglichkeit haben werden zu fliegen). Deshalb erachte ich eine solche Obergrenze – ähnlich wie beim Einkommen (Stichwort: 1:12-Initiative) oder beim Konsum von tierischen Produkten oder Fleisch – für sinnvoll und leider auch notwendig, obgleich eine solche Umsetzung selbstverständlich nicht so einfach wäre, wie ich sie hier beschrieben habe (z.B. die Höhe der Busse/Gebühren ab dem siebten interkontinentalen Flug, die (Un-)Übertragbarkeit dieser Flüge oder die Handhabung mit Geschäftsreisenden, welche man allerdings drastisch via Videochats etc. reduzieren könnte). Diese Umstellung unseres Verhaltens würde nämlich auch gewisse Bedingungen beinhalten wie beispielsweise ein vereinfachtes Niederlassungsrecht oder die Möglichkeit verlängerte Ferien (zum Beispiel für eine grössere, einmalige Asienreise anstelle zahlreicher kurzer jährlicher Besuche) zu nehmen – und eben auch den anfangs erwähnten, generellen Preisanstieg eines Flugtickets. Die grösste Umstellung muss aber in unserem Kopf erfolgen. Denn eine - mehr oder weniger selbst-auferlegte - Einschränkung des Flugkonsums, um damit die durch den Flugverkehr verursachten Emissionen massiv zu reduzieren mag zwar idealistisch oder gar utopisch erscheinen; utopisch ist aber lediglich die Tatsache, dass wir das Gefühl haben, es könne so weitergehen wie bisher.
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Nachdem ich kürzlich darauf angesprochen wurde, wieso die vegane Community eigentlich nicht stärker die positive Seite des Veganismus anstelle der negativen Seite des Fleisch- und Milchproduktekonsums zeigen könnte, entschloss ich mich mal wieder ein von mir kreiertes (respektive von irgendwo her adaptiertes) Rezept zu posten. Nach den sommerlichen Topinambur-Bratlingen und dem herbstlichen Wild ohne Wild wollte ich dieses Mal etwas Winterliches, ja gar Weihnachtliches mit euch teilen. Und da ein Post am sonntäglichen Weihnachtsmorgen doch etwas gar knapp ist, um dieses Rezept mal auszuprobieren, musste es halt heute sein (auch wenn der Haupt-Blogpost dieses Sonntags erst noch folgen wird - um dem Ruf als unbequemeren Blogs wieder gerecht zu werden). An Anlehnung an den legendären "Besser aus Ystee" des Sirupier de Berne taufte ich dieses Gericht ganz unprätentiös "Besser als Filet im Teig" - auch wenn das Filet im folgenden Rezept eigentlich gänzlich fehlt (aber "Besser als Teig" klang dann doch etwas gar absurd und wenig ansprechend). Hier eine kleine Anleitung: Zutaten (für 2-3 Personen): - 100 g Kräuterseitlinge (oder Champignons) - 1 kleine Zucchetti - 1-2 Knoblauchzehe(n) (gepresst) - 1 kleine Zwiebel - 1 EL Rapsöl oder Margarine - Diverse Gewürze (Salz, italienische Gewürze, Grillgewürze, Muskat...) - 1-2 TL Senf - 320 g veganer Bio-Blätterteig - 1-2 EL Tomatenpüree - 1 kleine Birne (z.B. Williams) - 35 g Baumnüsse - 4 Datteln - 5 getrocknete Tomaten Optionale Zutaten: - ca. 150 g Räuchertofu - 1 TL Trüffelöl - ca. 1 EL Birnel Zubereitung: Zuerst alle Zutaten für die Füllung in kleine Stücke schneiden. Zucchetti, Pilze, Zwiebel und Knoblauch in einer kleinen Pfanne mit etwas Rapsöl/Margarine kurz anbraten und anschliessend kräftig würzen und zusätzlich mit etwas Senf abschmecken. Wer möchte, kann das Ganze auch mit etwas veganem Rahm ablöschen. Blätterteig ausrollen und eine feine Schicht Tomatenpüree etwas unterhalb der Mitte verteilen. Nun alle Zutaten (z.B. angefangen mit den Birnenscheiben und den klein-gehackten, getrockneten Tomaten, dann das angebratene Gemüse in Sauce und am Schluss die Baumnusshälften und Dattelnscheiben) etwas unterhalb der Mitte positionieren (etwa nur 1/3 des Teigs bedecken). Für ein Filet-ähnlicheres Erlebnis kann man auch noch ungefähr 150 g in Würfel geschnittenen Räuchertofu dazugeben und mit etwas Trüffelöl abschmecken. Hier empfiehlt sich übrigens auf den Premium-Räuchertofu von Veggielife zurückzugreifen, welcher von der Konsistenz und dem Geschmack her mit Abstand am besten abschneidet und ein ganz neues Tofu-Erlebnis offenbart. Schliesslich die beiden Seiten sorgfältig übereinanderlegen und leicht andrücken, so dass sich daraus die typische Filet-im-Teig-Form ergibt. Am Schluss noch linienförmig etwas Birnel darüber träufeln. Bei 200° C Umluft knapp 35 Minuten backen. Dabei immer schön auf die Farbe des Blätterteigs achten. And here's the English translation of the above-mentioned recipe for this veganised dish that is often served in Switzerland on or around Christmas Eve. Basically it's a kind of vegan beef wellington but it's not as dense since there is no pure tenderloin substitution. But instead there is a great variety of fillings which makes it more rich in variety. So I just called the recipe - somewhat a little bit pretentiously ;-) - "better than beef wellington". Enjoy!
Ingredients (2-3 portions): - 100 g mushrooms (e.g. king oyster) - 1 small zucchini - 1-2 cloves of garlic (squeezed) - 1 small onion - 1 tbsp. oil (e.g. rapeseed) - various spices (salt, Italian herbs, BBQ spices, nutmeg, pepper...) - 1 tbsp. mustard - 320 g puff pastry/dough (vegan & organic) - 1-2 tbsp. tomato purée (i.e. concentrated tomato juice) - 1 small pear (e.g. williams) - 35 g walnuts - 4 dates - 5 dried tomatoes Optional ingredient: - ca. 150 g smoked tofu - ca. 1 tbsp. concentrated pear juice (or agave/maple syrup) Preparation: Cut the zucchini, mushrooms, onions as well as garlic in small chunks and stir-fry them in just a little plant-based oil. Afterwards, put all the spices, herbs and mustard inside and stir it. It needs to be almost a bit too salty because there will be lots of puff pastry around. For the next steps, you need to roll out your pastry first and put a tiny layer of tomato puree a bit underneath the middle of it. Now you can put all the ingredients one at a time (you could for instance start with the pear slices, then continue with the tiny pieces of dried tomatoes, followed by the stir-fried vegetables in sauce and on top you can put the walnut pieces and the slices of dates). It's important not to cover too much of the pastry (one third at most) so you can close it eventually. For a more filet/tenderloin-like experience you could also add around 150 g of smoked tofu cubes (the best smoked tofu - in terms of taste and texture - I've tasted so far is from a brand called Veggielife). Finally, put both sides of the pastry over each other so that everything is covered by the pastry. To make the pastry a bit sweet (which is perfect as a contrast to the salty stuffing), you can drizzle some concentrated pear juice or something similar on top of your dough. Now put it in the oven at around 200° C and bake it for about 35 minutes. There you go. :-) Seit ein paar Wochen kann ich nicht mehr entspannt durch die Strassen flanieren. Nicht aufgrund des Dichtestresses durch vorweihnachtliche Kaufräusche (Stichwort: Black Friday) und auch nicht wegen den VelofahrerInnen, die jetzt langsam alle auf den ÖV umsteigen und Busse oder Trams verstopfen (ich bleibe dem Fahrrad sowieso weiterhin treu und trotze der Kälte – zumindest bis in die seichteren Minusgrade). Nein, aktuell sieht man beim Anblick der sich behäbig bewegenden Masse wieder mal tief in die seelenlose Abgründe der Menschheit. Damit meine ich nicht die Rücksichtslosigkeit, mit welchem sich gewisse Personen durch den aus Pendlern bestehenden Dschungel kämpfen oder mit Ellenbogen und schwingenden Rucksäcken um Sitzplätze im Zug ringen, sondern in erster Linie die Kleiderwahl. Also besonders die Wahl der Jacken. Denn mittlerweile sieht man wieder zahlreiche Mäntel, Anoraks und Parkas mit Echtpelz. Ja, genau, das ist das, was wir eigentlich doch vor langer Zeit mal verpönt und aus dem Mainstream verbannt haben. Jetzt ist sie also wieder zurück, die unnötige Tierqual. Denn seien wir mal ehrlich: Den Pelz braucht's jetzt wirklich nicht; ja nicht einmal das Pelz-Imitat. Die meisten Menschen in der Schweiz haben die Kapuzen ja sowieso kaum oben (da Eingrenzung des Gesichtsfelds und wenig arktische Wetterbedingungen im Flachland) und wenn, dann bringt ein kleiner Streifen Fell auch nicht gerade viel Wärme oder Schutz. Es kann also lediglich um die Optik gehen. Die (philosophische) Frage stellt sich also, ob tatsächlich so viele Personen die subjektive Ästhetik eines Kleidungsstücks dem Leben und der Qualen nicht-menschlicher Lebewesen vorziehen. Oder ob sie's einfach nicht besser wissen. Oder ob's ihnen schlichtweg egal ist. Sicher ist nur, dass das willkürliche Diktat der Mode (ob es sich bei dieser abstrakten Begrifflichkeit vielleicht nicht generell eher um eine "textile" Gehirnwäsche im Rahmen unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems handelt, sei jetzt mal dahingestellt) es mal wieder geschafft hat, dass zahlreiche junge Leute einem hässlichen – und das meine ich weniger äusserlich als vorwiegend innerlich – Trend nachrennen. Denn hässlich ist der Weg zum flauschigen Objekt der Begierde allemal. Wer sich einmal Videos angeschaut hat, wie beispielsweise Angora-Kanninchen (Achtung: Schwer verdauliches Bild- und Audiomaterial) oder Kojoten (prominentester Vertreter dieser Tierquälerei ist übrigends das Mode-Flaggschiff „Canada Goose“, deren Jacken man derzeit leider überall sieht) gehalten und gehäutet werden, dem sollte bei vorhandener Empathiefähigkeit eigentlich sehr, sehr schlecht werden. Die Versuche des Kojoten aus den Fallen auszubrechen, sind schwer anzusehen, zumal diese Tiere den unsrigen Hunden nicht ganz unähnlich sehen. Und wer würde schon seinen eigenen Hund häuten und an seine Kapuze heften? Als wäre der Pelz aus dem Fell eines Kojoten nicht schon genug der Tierquälerei, gibt es bei Canada Goose, Woolrich, Nabholz oder Parajumpers noch mehr (verstecktes) Leid zu finden. Schliesslich sind viele dieser Jacken mit Daunen gefüllt und diese wärmedämmenden Bestandteile sind häufig genauso problematisch wie der Pelz selbst. Für die Fütterung einer Jacke braucht es teilweise mehrere Dutzend Enten oder Gänse, die entweder lebendig oder tot gerupft werden. Häufig geschieht auch heute noch Ersteres, obwohl dies eigentlich in der Schweiz und gemäss EU-Richtlinien verboten wäre (nicht jedoch in den Hauptproduktionsländern China, Ungarn oder Polen, welche ein juristisches Schlupfloch gefunden haben); denn je häufiger man die Federn eines Entenvogels ausreisst, desto feiner werden dessen Daunen – offenbar eine evolutionäre Fehlfunktion (andererseits sind seit dem unaufhaltsamen Ausbreiten des modernen Menschen sowieso jegliche evolutionäre Vor- und Nachteile obsolet geworden). Das bedeutet also, dass selbst pelzlose Jacken nicht ohne Bedenken gekauft werden können, weil dafür zwar weder Kojoten, Kaninchen, Füchse, Luchse, Waschbären, Biber, Nerze und Hermeline, noch Hunde oder Katzen (beides übrigens sehr beliebt in China, wo ungefähr 80% aller weltweiten Pelzprodukte herkommen) in schrecklichen Bedingungen gehalten (85% aller für die Pelzindustrie verwendeten Tiere verbringen ihr ganzes Leben in engen Drahtkäfigen) und auf brutale Weise getötet und gehäutet werden; aber dafür je nachdem gefiederte Tiere das gleiche Schicksal erleiden müssen. Und enthält der Anorak zwar auch keine Daunenfüllung, so können selbst dort noch weitere tierische Bestandteile wie Wolle enthalten sein, was häufig ebenso mit ungeahntem Tierleid angereichert ist, wie beispielsweise dieser Artikel über australische Schafwolle offenbart. Dass wir jetzt im Rahmen dieses Themas noch nicht einmal über die knapp eine Milliarde Lebewesen gesprochen haben, die jährlich für die globale und nicht weniger leidvolle Lederindustrie geschlachtet werden (und zwar nicht als Nebenprodukt der Fleischindustrie, wie häufig angenommen wird; das meiste Leder stammt nämlich von sogenannten Lederkühen aus Indien, wie diese Dokumentation beweist), sollte uns schon zu denken geben, wie sehr unser Verhältnis zu Tieren im Bereich der Mode getrübt oder gar schizophren ist. Was also kann man tun? Hier ein paar Vorschläge und Überlegungen:
Was wir bei der ganzen Angelegenheit nicht vergessen dürfen, ist, dass die „geistige Evolution“ einer Gesellschaft nicht linear fortschreitet. Das heisst, dass es sich bei diesem aktuellen Pelz-Boom vielleicht bloss um einen kurzen (tierrechts)ethischen Rückschlag handelt – womöglich auch ausgelöst durch das forsche, aber absolut notwendige Streben nach einer (tier)leidfreieren Welt, wie dies zeitgenössische soziale Bewegungen wie der Veganismus öffentlich fordern. Ähnlich wie bei der US-Präsidentschaftswahl offenbart sich bei der Entscheidung, einen Echtpelz zu kaufen, also eine soziologische und bildungspolitische Diskrepanz innerhalb der Bevölkerung; wobei man natürlich festhalten muss, dass sich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung tatsächlich zu einem solchen Kaufentscheid hinreissen lässt (wohingegen die US-Wahlen einen tieferen Schnitt durch die Gesellschaft aufschliessen). Trotzdem ist es wichtig, gerade jetzt hinzuschauen und sich gegen Pelz und Co. zu stellen, damit die Kurve unseres ethischen gesellschaftlichen Fortschritts nach diesem hoffentlich kurzen Rückfall wieder deutlich steigen wird. PS: In meiner Garderobe befindet sich übrigens noch eine dunkelbraune Lederjacke aus den Anfängen der Studiumszeit und eine flauschige Mütze, welche ich mal in den Ferien auf einem Markt ergattert habe – und sich später als Angora-Fell herausgestellt hat. Getragen habe ich die beiden allerdings schon länger nicht mehr. Vielleicht habe ich Angst darauf angesprochen zu werden. ;-) |
SaoiAebiLebenskünstler, Philosoph, Hobbykoch, Balkongärtner, Freelanceaktivist, Lehrer, Katzen- und Tierfreund, Spirituosenliebhaber, Melancholiker, Musiker, Gesellschaftskritiker, Mensch, Lebewesen, Materie. Oder so. Archives
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