Bald ist es wieder soweit.
Ich spreche allerdings nicht von Weihnachten (was die Einkaufsgeschäfte, die Radiostationen und unsere Gedanken ja längst erreicht hat), sondern von der anstehenden Klimakonferenz, wo sich Abgeordnete aus knapp 150 Staaten der Welt treffen werden, um irgendwie ein Abkommen durchzuringen. Nach den Geschehnissen in Paris werden es ökologische Anliegen jedoch noch schwerer haben als üblich, weshalb man auch in diesem Jahr nicht sonderlich hoffnungsvoll auf dieses Treffen schauen wird. Zyniker würden vielleicht sogar schon von einem Erfolg sprechen, wenn der Klimagipfel ohne Anschläge über die Bühne geht (wobei es Terroristen wohl eher auf die europäische Konsumfreudigkeit abgesehen haben; obwohl der Klimawandel das Leben ausserhalb Europas sicherlich gleichermassen beeinflusst). Doch was wäre denn überhaupt ein Erfolg? Nach der Klimakonferenz vor einem Jahr in Lima erklärte der Bundesrat noch stolz und unter anerkennendem Applaus, dass man die Treibhausgase bis 2030 um 50 Prozent reduzieren möchte. Dass dabei nicht genau festgehalten wurde, wie diese Ziele konkret erreicht werden könnten, war natürlich schon damals ein offenes Geheimnis. Vielleicht handelte es sich beim positiven Zuspruch also eher um eine gute Miene zum bösem Spiel: Lieber an einem ehrgeizigen Ziel als tragischer Held scheitern, als ein lächerliches Minimalziel als mutloser Bünzli zu erreichen. Es ist nicht so, dass ich etwas gegen ambitionierte Ziele hätte (ganz im Gegenteil), aber dann bedarf es auch eines durchdachten Plans mit konkreten Umsetzungsstrategien. Haben wir davon jedoch etwas gespürt in diesem ausklingenden Jahr? Von diesem Verzicht, der mit der Umsetzung der angestrebten Klimaziele einhergeht? Wohl kaum. Das hat natürlich einerseits mit dem extrem dominanten Flüchtlings-Thema und anderen politischen Traktanden wie den National- und Ständeratswahlen zu tun; andererseits aber auch damit, dass man die klimapolitische Umsetzung vorerst einfach mal auf unbestimmte Zeit aufgeschoben hat, und teilweise auch auf das Ausland umwälzte, beispielsweise indem man mit ausländischen Klimazertifikaten handelte. Natürlich ist eine solche Klimaziel-Vollstreckung schwierig und verzwickt, da ja bereits der Klimawandel an und für sich ein ungemein komplexes Thema ist; doch ich habe das Gefühl, dass das Volk diese durchaus auch negativen Auswirkungen spüren muss – und zwar nicht nur in Form von höheren Steuern oder mehr Abgaben auf Benzinpreisen oder Elektrogeräten –, um den Ernst der Lage wirklich zu begreifen. Auch wenn man sich als Staatschef (oder in unserem Fall als Bundesrat) dabei garantiert unbeliebt macht, müsste man sich auch überlegen, wie die einzelnen Individuen innerhalb der Gesellschaft zu einem Klimaziel-Erfolg beitragen könnten. Dabei käme man wohl oder übel nicht an Themen wie Ernährung oder Mobilität vorbei – zwei der grössten Klimasünder von Wohlstandsländern wie der Schweiz. Diese Themen werden aber gänzlich gemieden. So werden beispielsweise kaum Vorschläge für eine Reduzierung des Fleischkonsums präsentiert; und man versucht auch gar nicht erst die Bevölkerung vom masslosen Reisen via Flugzeug abzuhalten. Denn dann stünde der anerkennende Applaus auf dem Spiel. Sicherlich ist auch dieses Diktieren von oben nach unten nicht unproblematisch, denn niemand nimmt Befehle einer höheren Instanz gerne an. Und vielleicht ist das ja auch gerade eine grosse Chance für den diesjährigen Klimagipfel in Paris, bei welchem man auf freiwillige, von den Staaten selbst definierte Klimaziele setzt. Vielleicht kommt es dadurch aber auch zu einem zweiten Kopenhagen und der Klimagipfel scheitert. Am Ende sind wir Menschen es, die die Sache anpacken müssen. Wir können und dürfen uns nicht hinter einer abstrakten Institution verstecken, die alles für uns irgendwie regeln soll. Denn diese „Volksvertreter“ werden – wie das Volk auch – versuchen, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Und dabei werden vielleicht grosse Worte fallen und womöglich sogar Applaus geerntet, aber in erster Linie wird jeder an sich selbst denken, an die eigenen Bedürfnisse, den eigenen Wohlstand. Auch die Schweiz. [...]
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SaoiAebiLebenskünstler, Philosoph, Hobbykoch, Balkongärtner, Freelanceaktivist, Lehrer, Katzen- und Tierfreund, Spirituosenliebhaber, Melancholiker, Musiker, Gesellschaftskritiker, Mensch, Lebewesen, Materie. Oder so. Archives
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