Liebe SVP Was ist bloss los mit dir? Letzte Woche erhielt ich zwei Exemplare deines Extrablatts und las über deinen Plan, die Schweiz zu entrümpeln. Dafür dürfe man die Ausländer und Flüchtlinge nicht mehr mit Samthandschuhen anfassen. Die Durchsetzungsinitiative sei dafür das einzige und deshalb absolut notwendige Mittel. Du erläuterst dies natürlich auch mit harten Fakten, damit der Schweizer Bürger erkennt, was wirklich Sache ist. Das Problem ist nur: Du bist selber zu weich geworden! So, jetzt habe ich es gesagt. Aber man muss jetzt einfach mal Tacheles reden, wenn wir die Schweiz vor der linken Diktatur bewahren wollen. Und dafür musst du einfach noch einen Zacken zulegen, noch stärker in die Trickkiste greifen, noch plakativere Botschaften vermitteln. Schliesslich steht die nationale Sicherheit, wenn nicht gar die Existenz der ganzen Welt auf dem Spiel! Alles andere ist höchst gefährliche Untertreibung. Aber zurück zu deinem Extrablatt. Im Bereich der Kriminalität zum Beispiel: Dort steht geschrieben, dass 73 Prozent der Gefängnisinsassen ausländischer Herkunft sind. Da frage ich mich, wieso man das nicht aufrunden kann; so halbpatzige Zahlen mögen wir Eidgenossen doch nicht. Also 75 Prozent. Das wiederum kann ja auch aufgerundet werden, also schreiben wir doch am besten gleich 100 Prozent. Diejenigen, die nämlich im Gefängnis sitzen, verhalten sich sowieso nicht sehr schweizerisch; sonst wären sie ja gar nicht im Gefängnis gelandet, oder? Eben. Und wenn dann wieder das linke Pack schreibt, dass die Zahlen ja gar nicht stimmen und eigentlich massiv unter 73 Prozent liegen würden, da der grösste Teil an Verbrechen von Kriminaltouristen begangen werden, die faktisch nicht der Schweizer Bevölkerung angehören und dadurch im Übrigen auch nicht von der Initiative tangiert würden, zumal sie ja sowieso illegal hier sind; dann weiche nicht von deinem Kurs – schliesslich steht es Wort gegen Wort. Und wenn du deine Gegner jetzt einfach mit deiner Lautstärke übertrumpfst, dann gewinnst du. Immer. Und sonst musst du den Feind halt mundtot machen. Da kannst du ruhig was vom Putin lernen: Der hat eine solche Macht, dass sie sogar bis nach London reicht. Jedenfalls ist es wichtig, dass dir auch niemand aus deinen eigenen Reihen in den Rücken fällt. Wenn einer weich wird, dann wackelt das ganze Fundament. Und dann haben wir den Salat – und den wollen wir ganz bestimmt nicht. Soweit kommt's noch, dass wir alle zu verweichlichten Veganern werden. Näi, hör mer uf! Höchstens der Hans-Ueli Vogt darf dir widersprechen. Der hat das nämlich ganz klug gemacht mit dem Verwirrung stiften. Läck, hab ich mich darüber amüsiert, dass die Leute diesen Mist von wegen Secondos seien keine Ausländer wirklich noch geschluckt haben – und das, obwohl der Initiativtext so eine Auslegung ja nicht im geringsten zulässt. Aber ganz unrecht hat er natürlich nicht. Denn wir müssen diesen Begriff des „Ausländers“ schon noch mal überdenken. Die Frage ist allerdings nicht, wen man davon ausnehmen sollte, sondern wer noch alles dazu gehört. Und das sind eine ganze Menge! Diese „Pseudo-Schweizer“ zum Beispiel, die es irgendwie geschafft haben, sich einen Schweizer Pass zu ergattern. Und das bloss, weil ein oder beide Elternteile per Zufall auch Schweizer sind. Aber deshalb ist man noch lange kein Schweizer! Man muss beweisen können, dass man es verdient hat, Eidgenosse zu sein. Deshalb bin ich dafür, dass man einen neuen Pass oder zumindest so eine Art Herkunfts-Zertifikat einführt, das bestätigt, dass man „richtiger Schweizer“ ist und nicht bloss so ein „Papierlischwyzer“ wie etwa dieser Carlos, der uns nur auf den Brieftaschen rumsitzt. Den könnte man ja zum Beispiel nach Kamerun ausschafen*, wo seine Mutter ursprünglich herkommt. Generell müsste man alle diese Pseudo-Schweizer einfach fragen, welches Land ihnen denn ausserhalb der Schweizer Grenze am meisten entspricht. Und dann würde man sie halt einfach dorthin schicken. Ist mir dann eigentlich wurscht, ob das Amerika oder der Islamische Staat ist. Bloss raus aus der Schweiz sollen sie! Deshalb, liebe SVP, denkst du nicht, dass du auf das Jahr 2017 hin eine weitere Initiative lancieren könntest, sozusagen die „Totale Durchsetzungsinitiative“, bei welcher der Ausländer-Begriff noch etwas breiter gefasst ist? Und vielleicht könntest du ja, wenn du gerade dabei bist, noch das Schweizer Rechtssystem etwas anpassen, so dass wir selber definieren können, wer Ausländer und wer Richter ist – immerhin hast du es ja diesmal auch geschafft, die lästigen parlamentarischen Diskussionen auszuhebeln, so dass man direkt etwas in die Verfassung schreiben kann. Halt ganz im Sinne einer demokratischen Volkspartei. Hui, wie ich mich schon darauf freue, die Gesichter des Europäischen Gerichtshofs zu sehen, wenn sie ehrfürchtig und blass vor Neid zu uns in die Schweiz schauen und sich beim Anblick unseres tadellos funktionierenden Rechtssystems wünschen werden, sich nie von uns distanziert zu haben. Auf allen Vieren werden sie angekrochen kommen – falls die EU bis dann natürlich noch nicht in der Migrations-Anarchie untergegangen ist – und darum flehen, dass wir sie aufnehmen werden und sie Teil unseres erweiterten, nationalen Völkerrechts machen; zu einem Teil der Schweiz – ein geeintes Volk von wahrhaftigen Eidgenossen und höchstens hier und da ein paar tolerierte Ausländer (musst also keine Angst um deine vietnamesische Frau haben, Köppel). Jetzt müssen wir alle bloss noch das Richtige wählen gehen, dann steht unserer totalen Durchsetzung nichts und niemand mehr im Wege. Mit kameradschaftlichen Grüssen Dein grösster Verehrer Die SVP (*Anmerkung des Autors: Dieser Flüchtigkeitsfehler – oder Flüchtlingskeitsfehler? - wurde bewusst stehen gelassen; man beachte dafür die aktuellen SVP-Plakate... #ausschafen) HIER geht's zum 3. Akt.
1 Comment
Martin Cesna
2/2/2016 05:16:07 pm
Wenn man nach vielen Mühen denn endlich auch den letzten (schon halt eingebürgerten) Ausländer auch hinaus gestellt hat, tja, dann müssen die Eidgenossen selber all das tun, was man bisher an diese Ausländer delegiert hat.
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