Endlich Sommer! Nicht nur, dass ich mich nicht mehr um meinen Vitamin-D-Haushalt scheren und dick eingepackt morgens in die kalte Luft treten muss (dann aber gleichwohl auf der Fahrradfahrt ins Schwitzen komme); nein, endlich muss ich mir auch nicht mehr die elenden „Deppenkragen“ anschauen. Diese Gedanken gingen mir vor ein paar Wochen durch den Kopf, als die ersten richtig warmen Sommertage aufkreuzten. Je mehr ich mich nämlich im Winter mit der Thematik „Pelz“ beschäftigt hatte, desto mehr fielen mir plötzlich unzählige Leute auf, die auch noch im 21. Jahrhundert so unnötige und fürchterliche Tierqualen für ihre scheinbar modische Aufwertung in Kauf nahmen. „Zum Glück habe ich nun immerhin bis Mitte Herbst wieder Ruhe“, dachte ich mir deshalb an einem herrlich warmen Frühlingstag und lebte für eine Zeit lang auch wirklich unbeschwert. Also zumindest bis mich jemand darauf ansprach, dass es ja in jeder Jahreszeit unausweichliche Aufreger bezüglich Tierleid gäbe; beispielsweise an Ostern, wenn massenhaft Eier konsumiert werden und die Milch-Produktion für die Schoggi-Osterhasen mal wieder ausufert (gut, dies hätte ich wohl noch einigermassen verdrängen können, da eigentlich niemand in meinem sozialen Umfeld Ostern feiert und dieser Brauch ausserdem nur ein paar Tage dauert und keine ganze Jahreszeit lang - auch wenn die Supermärkte üblicherweise schon ein paar Wochen vorher die Werbetrommel schwingen; wer weiss, vielleicht kommen ja bald schon die ersten Weihnachtsguetzli...). Als mich diese Person jedoch darauf hinwies, dass die Grill-Saison ja teilweise von anfangs Frühling bis Ende Herbst dauern würde, wusste ich, dass es mit meiner naiven Unbeschwertheit wohl bald wieder vorüber sein würde. Und tatsächlich: Wenn das Wetter nicht gerade so richtig unangenehm ist (also wie heute), sieht man täglich regelrechte Fleischberge auf den mitgenommenen Kugel-Rosts oder – noch unökologischer – Einweg-Grills (und ich meine jetzt nicht die rot-schimmernden Körper von zahlreichen, ebenfalls „naiv-unbeschwerten“ bis grob fahrlässigen, Sonnenanbeter*innen). Plötzlich werden also aus all diesen Menschen, die sonst nur „Fleisch vom Metzger ihres Vertrauens, dessen Lieferant noch alle Kühe beim Namen kennt“ verzehren (kleine Anmerkung am Rande: Macht das die Sache wirklich besser? Ich würde jetzt eine von mir benannte und aufgezogene Katze nicht unbedingt lieber essen als einen anonymen Streuner...) und beteuern, dass sie „ja sowieso nur sehr selten Fleisch essen würden“; plötzlich werden also aus diesen Omnivoren regelrechte Karnivoren, die so ziemlich jeden zweiten, dritten Abend eine [übrigens ziemlich anonyme und namenlose] Bratwurst, ein Huftsteak oder Spareribs auf den Grill werfen – abgesehen davon, dass man ja dann mittags womöglich auch bereits ein Schinken-Sandwich verdrückt hatte. Doch nicht nur in den Parks und entlang des Flussufers sieht man jetzt das Fleisch wie aus dem Boden spriessen: Auch die Detailhändler werben jetzt wieder mit „Tsch tsch“ und mit unglaublich speziesistischen (häufig auch sexistischen) Statements. So wirbt Coop auf einem Plakat beispielsweise mit dem Slogan „Du bist, was du machst.“ unterhalb eines – wenn man's runter bricht auf das, was es letztendlich wirklich ist – präparierten Tierkadavers in Form eines Steaks. Dumm also, wenn man ein „Nutz“tier ist; da ist der von Coop angedeutete Handlungsspielraum doch ziemlich klein und die Möglichkeit zur persönlichen Entfaltung geradezu inexistent (wäre übrigens ähnlich zynisch, wie wenn man ein Kind in einer afrikanischen Edelmetall-Mine mit der Coop'schen Pseudo-Weisheit zeigen würde). Kurzum: Das Tierleid ist auch in den Sommermonaten omnipräsent und nicht wegzudenken – selbst wenn es nicht mehr in Form eines Pelzkragens auftritt, sondern stattdessen diskret verschleiert als Grillwurst und Co. daherkommt (man könnte also fast sagen: Nach dem Pelz ist vor der Grillwurst). Die zentrale Frage ist also: Wie können wir dieses Tierleid verhindern oder zumindest verringern? Oder anders gefragt: Wie können wir mehr Leute dazu bringen, auch beim Grillieren vermehrt pflanzliche Kost zu essen? Abgesehen von der Bildung und Aufklärung der Bevölkerung gibt es eine weitere Strategie, die womöglich noch mehr Erfolg versprechen könnte: Wir müssen einfach die verführerischeren Sachen auf den Grill werfen! Und vielleicht braucht es dafür nicht mal zwingend die Ersatzprodukte von Supermärkten (für welche ich natürlich gleichwohl dankbar bin), sondern mehr Eigeninitiative, mehr Kreativität und mehr Innovation. Denn dies ist es, was der Wurst fehlt: Es hat nichts mit Kochen oder Können zu tun, sondern ist Convinience in Reinform (abgesehen vielleicht von einer selber-gemachten Marinade für das Steak, wenn's hoch kommt). Deshalb habe ich versucht, einige Rezepte aufzuführen, welche ein neues Kapitel der kulinarischen Grill-Kultur einläuten soll. Viel Spass beim kulinarischen Experimentieren und Improvisieren! Ananas-Apfel-Kartoffel-Burger Nach dem eher herbstlichen und herben Topinambur-Apfel-Bratling, welchen ich ihm Rahmen des Beitrags "Das Fremde wählen" kreiert habe, wollte ich dieses Mal etwas machen, was etwas sommerlicher daher kommt. Als ich einmal die fast kindliche Freude eines eher vegan-ablehnenden Kollegen gesehen habe, wie er einen Apfel auf den Grill legte, war ich erstaunt darüber, dass Früchte auf dem Grill offenbar positiver ankommen als Grillgemüse. Also überlegte ich mir eine Kombination, die selbst das Interesse von Omnis wecken könnte - gerade eben, weil sie nichts imitiert, sondern eine eigenständige Kreation ist. Zutaten (für ca. 7 Burger): 250 g Ananas (ungefähr die Hälfte einer frischen Ananans) 250 g Apfel (2 Stück) 450 g Kartoffeln 50 g Mandeln (gemahlen) 50 g Haferkleie (oder Haferflocken o.ä.) 50 g Mehl 1 EL Birnel 1 EL Tomatenpüree etwas Salz, Grillgewürz, Zitronenpfeffer, Knoblauchpulver, Mirador etc. etwas Rapsöl (oder Kokosöl) Zubereitung: Die beiden Äpfel und die halbe Ananas (am besten die obere Hälfte [geschält, aber inkl. Strunk] verwenden, da man sie an den Blättern angenehm festhalten kann beim Raspeln) mit einer groben Küchenreibe in eine Schüssel raspeln. Anschliessend beides durch ein Sieb auspressen, damit die Masse möglichst viel Feuchtigkeit verliert. Dieses Auspressen bedarf zwar einiger Zeit, weil beide Früchte viel Saft enthalten, dafür kann man aber den Saft in einem Krug gleich auffangen und hat dann gleich noch einen erfrischenden Apfel-Ananas-Drink. :-) Währenddessen kann man die geschälten Kartoffeln in einem kleinen Kochtopf gar kochen, so dass sie später mühelos zu Kartoffelpüree zerstöselt werden können. Gemeinsam mit den restlichen Zutaten (inkl. Gewürzen) in eine Schüssel geben und gut mischen/kneten. Falls die Masse noch zu feucht sein sollte, einfach noch mehr Haferkleie, Mehl oder gemahlene Mandeln dazugeben, bis es klebrig genug ist. Etwas Rapsöl (Kokosöl passt zwar geschmacklich noch besser, aber ist halt weniger öko ;-)) in einer grossen Bratpfanne auf mittelhoher Stufe erhitzen. Nun die Masse zu ungefähr sieben Burger-Bratlinge formen und im Öl beidseitig ein paar Minuten anbraten lassen. Dies sollte übrigens auch gemacht werden, wenn die Bratlinge später auf dem Grill oder im Gefrierfach landen, da die Burger so eine bessere Stabilität und Konsistenz zum Wenden erhalten. Vegane Grill-Spiesse Grillspiesse sind eine tolle Sache, weil sie sehr vielseitig sind und durch die unterschiedlichen Formen und Farben der Zutaten auch optisch eine gute Figur machen. Ausserdem lassen sich beliebig viele Kombinationen ganz nach den individuellen kulinarischen Bedürfnissen herstellen. Zutaten (für ca. 7 Spiesse): 200 g Seitan-Schnitzel (z.B. Cornatur Grill Ribs [Migros] oder Delicorn BBQ-Steaks [Coop]) 1/2 Zucchetti 3 Pilze 1/4 Apfel 1/4 Pepperoni etwas Melone Zubereitung: Alles in mundgerechte Stücke schneiden und auf einen Holzspiess stecken. That's it! :-D Bei gewissen Gemüsen macht es übrigens Sinn, diese noch zu marinieren (so kann man bspw. die Zucchetti noch etwas in Olivenöl, Senf, Sojasauce, Birnel, Salz und BBQ-Gewürzen einlegen und ziehen lassen). Ebenfalls geeignete Zutaten: Halbierte Knoblauchzehen, rote Zwiebeln, marinierte Auberginen, Datteln, getrocknete Tomaten, Nektarinen uvm. Marinierte Soja-Medaillons Der Vorteil von Soja-Medaillons sind, dass sie auch schnell gemacht sind und zudem häufig auch nach dem Grillieren noch saftig sind (was eine erfreuliche Abwechslung darstellt zu gewissen trockenen Vegi-Burgern). Zutaten (für ca. 14 Medaillons): ca. 250 g Soja-Medaillons (gibts mittlerweile auch in einigen Supermärkten; ansonsten in Reformhäusern oder speziellen Vegan-Geschäften) 8 EL Olivenöl 2 EL Sojasauce 2 EL Birnel 2 EL Senf 2 Knoblauchzehen (ausgepresst) etwas Salz, Grill-Gewürz, Mirador, Paprika, Kräuter nach Wahl (Thymian, Rosmarin...) etc. Zubereitung: Zuerst die Medaillons in einem Kochtopf mit kochendem Wasser übergiessen und ungefähr 10 Minuten aufquellen lassen. Anschliessend Wasser abgiessen und die Medaillons abkühlen lassen. Währenddessen die Marinade vorbereiten. Sie darf ruhig sehr würzig sein, da die Medaillons ja nur aus Soja-Mehl bestehen und selber keinen Geschmack haben (wie rohes Fleisch übrigens auch ;-)). Dann die Flüssigkeit aus den Medaillons pressen, bis sie nur noch leicht feucht sind und gleich danach in der Marinade baden. Übrigens gibt es auch die Möglichkeit, die Medaillons zu panieren. Dafür bräuchte man zusätzlich noch etwas Mehl und zerbröselte Mais-Cornflakes. Ich habe es noch nie gemacht, aber stelle es mir auch sehr lecker vor. Jackfruit-Curry-Burger Eigentlich wollte ich das Rezept für den Jackfruit-Burger gar nicht veröffentlichen - nicht weil das Resultat komplett ungeniessbar gewesen wäre, noch weil es so unglaublich phänomenal war, dass ich mein Rezept geheim behalten müsste. ;-) Nein, in erster Linie wollte ich einfach keinen Trend unterstützen, der aus ökologischer Sicht zumindest fragwürdig ist. Immerhin kommt die Jackfruit stets aus fernen asiatischen Ländern. Trotzdem schien die Vorstellung eines Burgers bestehend aus dieser exotischen Frucht auch in meinem sozialen Umfeld auf reges Interesse zu stossen, weshalb ich mich dann doch dazu entschloss, das Rezept noch zu veröffentlichen. Besser als die Ökobilanz von Fleisch ist der Jackfruit-Burger sowieso immer noch. ;-) Zutaten (für ca. 3 Burger): ca. 250 g Jackfruit (aus der Dose; gibt's praktisch nur bei spezifischen Vegan-Läden) 2 Kartoffeln 1 rote Zwiebel 1-2 Knoblauchzehe(n) (gepresst) 1/4 Pepperoni 5 g Ingwer (geraspelt) 70 g Mehl 40 g Nüsse (zerstöselt; z.B. Erdnüsse oder Cashews) 1 EL Currypaste 1 TL Currypulver etwas frischer Koriander oder Thai-Basilikum etwas Salz, Paprika, Grillgewürz, Zitronenpfeffer, Knoblauchpulver, Mirador etc. etwas Rapsöl (oder Kokosöl) Zubereitung: Jackfruit aus der Dose nehmen und in einer Schüssel mit der Gabel zerdrücken. Anschliessend mit etwas Öl, Mehl und der Zwiebel kurz anbraten. Danach die zwei Kartoffeln in einem kleinen Kochtopf weich kochen, bis sie ebenfalls mit der Gabel zerkleinert werden können. Anschliessend die restlichen Zutaten zur Masse geben (Knoblauch pressen, Ingwer raspeln und Peperoni ganz klein schneiden) und alles gut kneten/vermischen. Nun die Patties formen, mit etwas Mehl bestäuben und jede Seite für einige Minuten in etwas Öl anbraten (auch wenn sie danach noch auf den Grill kommen). Fertig ist der Jackfruit-Curry-Burger! PS: Gerne dürfen auch weitere vegane Grill-Rezepte hier in der Kommentarspalte oder auf Facebook gepostet werden. #TheArtOfVeganGrilling #GrillingWithoutKilling
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