Ich kiffe nicht. Nein, ganz ehrlich. Ich habe es zweimal versucht und beide Male hab ich das Zeug nicht runtergekriegt und stattdessen minutenlang fürchterlich gehustet, so dass mich wohl alle Polizist*innen im Umfeld von einem Kilometer gehört haben mussten. Ich und inhalieren – das passt irgendwie nicht. Und trotzdem möchte ich jetzt hier eine Lanze für die Legalisierung von Marihuana brechen. Vielleicht gerade auch deshalb, weil ich ja mit dem Konsum [fast*] nichts zu tun habe und frisch von der Leber (oder besser: Lunge) weg schreiben kann. Nun mögen sich einige Leser*innen wohl fragen: Wieso sollte man Cannabis denn legalisieren? Darauf möchte ich gerne eine Gegenfrage stellen: Wieso wurde Marihuana überhaupt erst illegal und der Hanf so verteufelt? Immerhin ist zumindest die Abhängigkeitsquote bei Cannabis (ca. 9%) deutlich geringer als bei anderen Drogen wie Alkohol (15%), Kokain (17%), Heroin (23%) oder Nikotin (32%). Und auch beim effektiven Suchtpotenzial findet man Cannabis im hinter(st)en Bereich: Angeführt wird die Liste nämlich von Crack und Heroin (über 90%), Kokain und Crystal Meth (80%), Nikotin und Alkohol (70% resp. 60%), gefolgt von Ecstasy (40%), Coffein (30%) - und erst dann - Cannabis (20%) sowie LSD und Pilze (10%). Selbst Käse macht wohl stärker abhängig als Cannabis (und das ist jetzt kein ironischer Postillon-Einschub, sondern ein kurzer Exkurs zu einem der meist-unterschätzten „Suchtmittel“ überhaupt). Wer sich jetzt fragt, inwiefern Käse süchtig machen kann: Das enorme Suchtpotenzial von Käse, welches sich offenbar übrigens mit harten Drogen wie Crystal Meth oder Kokain vergleichen lässt, ist auf den Stoff Casomorphin zurückzuführen, der sich durch den Verdauungsprozess des im Milchprodukt enthaltenen Caseins im Magen bildet und eine den Opioiden ähnliche Wirkung entfalten kann. (Wenn ich mich in diesem Blogpost also zu einer Sucht bekennen müsste, dann wäre es die „Käse-Sucht“ gewesen. Glücklicherweise habe ich diese Abhängigkeit mittlerweile überwinden können – auch ohne christliches 12-Schritt-Ausstiegsprogramm.) Jedenfalls kann es also nicht am Suchtpotenzial liegen, dass Cannabis noch immer ein Dasein als verbotene Substanz fristen muss. Könnte es denn an den Nebenwirkungen von Marihuana liegen? Wohl auch nicht wirklich. Natürlich hat Cannabis – wie jede andere Droge auch – ein paar grundsätzliche Nebenwirkungen, weshalb sie ja auch als solche klassifiziert ist; jede Droge bringt Gefahren und Missbrauchsmöglichkeiten mit sich (besonders im Jugendalter, wenn die Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und der Cannabis-Konsum langfristige Schäden mit sich ziehen kann). Dennoch: Viele der angedichteten Folgen stellten sich als Schauermärchen heraus. Das Bekannteste ist sicher, dass der Konsum von Marihuana Psychosen auslöst. Eine Korrelation konnte jedoch bisher nicht bestätigt werden, indem man beobachtete, ob durch den zunehmenden Cannabis-Konsum in der Bevölkerung auch die Anzahl Psychosen stieg (was nicht der Fall war). So hat sich zum Beispiel der Konsum in England in den letzten 50 Jahren vervierzigfacht, während die Fälle von Menschen mit Psychosen stabil blieb. Viele dieser „Fake News“ gehen übrigens auf den Schweiz-Amerikaner Harry Anslinger zurück, welcher 1930 zum Vorsitzenden des „US-Department of Treasury“ gewählt wurde. Dieses hatte nämlich nach dem Ende der Prohibition nichts mehr zu tun und war deshalb kurz davor, endgültig aufgelöst zu werden. Aus diesem Grund schuf das Departement ein neues Feindbild: Die Hanfpflanze. Dass Anslinger zuvor immer daran festhielt, dass Cannabis eine ziemlich harmlose Droge sei, schien niemandem aufzufallen (eine lupenreine Trump'sche Wendung – fast hundert Jahre vor dessen Präsidentschaft). Fortan wurde die Droge massiv verteufelt und zahlreiche Falschinformationen gestreut (beispielsweise dass man durch den THC-Konsum in einen Zustand des Wahnsinns kommen würde und im aggressiven Blutrausch dabei sogar wahllos Leute umbringen könnte). Wenn es also wenig Gründe für ein Marihuana-Verbot zu geben scheint; was könnte denn dafür sprechen, Cannabis zu legalisieren? Nun, zunächst steckt darin ein gigantisches ökonomisches Potenzial. In Staaten wie Colorado und Washington hat die Legalisierung einen regelrechten Cannabis-Boom ausgelöst und zu erhöhten Steuereinnahmen geführt, weshalb ihnen zahlreiche weitere Staaten folgen wollen und auch werden. Eine solche liberale Umsetzung der Legalisierung (respektive kapitalistische Ausschlachtung) kann natürlich auch zu Problemen führen (weshalb ich wirtschaftlichen Argumenten häufig auch nicht sonderlich viel Beachtung schenke) - beispielsweise dann, wenn nämlich jeder beim grossen Geschäft mitmischen will und wir vom Boom regelrecht überrannt werden (vielleicht gäbe es dann bald statt „Superfoods“ sogenanntes „Superweed“, beispielsweise in Form eines „Matcha Weed Riegels“ der Coop Karma Linie...). Deshalb muss eine Legalisierung mit Bedacht durchgeführt und womöglich sogar reguliert werden, zum Beispiel durch eine Abgabe von Marihuana ausschliesslich in Apotheken (und vielleicht sogar mit einer Kauf-Einschränkung in Form eines wöchentlichen oder monatlichen Kontingents, welches auf einer Art „THC-Kreditkarte“ erfasst und zu einem gewissen Grad auch beobachtet wird). Ein weiterer Vorzug wäre ausserdem, dass die Legalisierung von Marihuana dafür sorgen würde, dass der Verkauf dieser Drogen nicht mehr in den Händen von - zumindest teilweise - kriminellen Dealern ruhen würde, sondern staatlich kontrolliert werden könnte – ein Problem, welches sich nach der Abschaffung der Prohibition in den 30er Jahren grösstenteils auch von selbst erledigte. Eine solche staatliche Regulation wäre übrigens auch deshalb wünschenswert, da man so die Qualität des Produkts wohl genauer überprüfen könnte, da sowohl Hanfplantagen sowie Produktionsstätte des Cannabis regelmässig besichtigt werden könnten (was heute de facto nicht möglich ist, weil die Herkunft des Gras in den allermeisten Fällen ja unbekannt ist). Die Entkriminalisierung des Cannabis wäre auch aus Sicht der Drogenprävention respektive des Jugendschutzes von Nutzen. Natürlich gibt es immer eine Möglichkeit als Jugendlicher an Drogen zu kommen, aber erstens würde dies durch verstärkte Kontrollen (ähnlich wie beim Alkoholverkauf) erschwert, und zweitens wünschte sich wohl jeder Erwachsener lieber, dass die Jungen einen älteren Bruder darum bitten, aus dem Supermarkt oder der Apotheke ein Joint zu holen, als diesen irgendwelchen obskuren Gestalten abzukaufen. Dass man eine Legalisierung auch an eine nationale Aufklärungskampagne knüpfen müsste, damit die potenziellen Folgeschäden vom Cannabis-Konsum (im Jugendalter) wirklich thematisiert würden, versteht sich wohl von selbst. Schliesslich könnte eine Legalisierung noch diverse medizinische und gesundheitliche Vorteile haben: Cannabis kann nämlich epileptischen Anfällen vorbeugen, bei dem Kurieren von Phobien helfen, Schmerzen und Entzündungen lindern, sanften Schlafstörungen entgegenwirken und zu einem gewissen Grad sogar Krebszellen abtöten. Worauf warten wir also noch? Es ist Zeit, allen Hanfpflanzen eine Chance zu geben - und zwar nicht nur den THC-armen Pflanzen, aus welchen man viele, mittlerweile recht etablierte, äusserst gesunde sowie ökologisch vertretbare Produkte wie Hanfsamen, Textilien aus Hanffasern, Öle, CBD-Hanf etc. pp. gewinnen kann. Dem Hanf gehört die Zukunft. Die Frage ist nur, wann diese auch in der Schweiz ankommt – und wie wir letztendlich damit umgehen werden. EDIT, 12.2019: Nachdem ich nun mehrmals gehört und gelesen habe, wie hochmittlerweile der THC-Gehalt bei Cannabis und Haschisch ist, möchte ich Teile meiner Aussagen etwas relativieren; denn die durchgeführten Studien entpsrechen womöglich nicht den aktuellen Erkentnissen, wenn sich der THC-Gehalt so massiv erhöht hat (siehe QUARKS-Statistik). Ich bin immer noch der Meinung, dass Cannabis legalisiert werden sollte, aber weniger optimistisch resp. vorsichtiger beim Promoten dieser Aussage. ;-) *Vielleicht habt ihr das kleine Sternchen am Anfang bemerkt. Es ist nicht ganz unwichtig, da ich ja nicht wie Anslinger „Fake News“ streuen möchte. Deshalb hier noch eine kleine Ergänzung: Dass ich ein unfähiger Raucher bin, hat mich nicht (ganz) davon abgehalten, mich trotzdem mit Cannabis zu beschäftigen. Also hab ich mir mal nach einem Besuch in Amsterdam überlegt, ob es denn auch vegane Space Cakes gibt. Gefunden habe ich damals im Internet noch nichts, also habe ich vor ungefähr drei Jahren ein Rezept kreiert - und neulich wieder ausprobiert. Und ich kann euch sagen: Die Dinger hauen ziemlich rein – auch in der veganen Variante. Deshalb möchte ich euch das Rezept nicht vorenthalten (wie ihr zu den Zutaten kommt, ist euer Problem; ich stelle nur das Rezept zur Verfügung). Viel Spass dabei (aber schaut, dass ihr nicht in einen Blutrausch kommt und danach wahllos eure Freunde meuchelt, okay?)!
10 Comments
Pragmator
4/9/2017 12:30:40 pm
Finde es gut, dass du die Ausgaberegulierung reinnimmst. Als Medizin habe ich überhaupt keine Einwände gegen Marijuana; als Genussmittel bin ich mir nicht so sicher.
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Grüss dich, Pragmator!
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Pragmator
5/9/2017 06:09:04 am
Noch ein anderer Aspekt:
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Solide Arbeit, Pragmator. Im Forschungsbereich fühlst du dich sichtlich wohl(er als ich mich). ;-)
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Anka
24/3/2019 04:03:43 pm
Endlich habe ich ein Rezept in vegan gefunden,danke.
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Robin
25/6/2020 05:42:47 am
Vielen Dank für das Rezept! Leider sind meine Muffins ziemlich “bröckelnd”. Ich habe Backschokolade genommen, da meine Mutter mich überzeugt hat, dass diese „normale“ schwarze Schokolade sei, jedoch habe ich nach Recherchen im Internet herausgefunden, dass Kochschokolade von minderer Qualität ist und sogar „kakaoähnliche“ Stoffe enthalten darf. Kann dies der Grund für diese schlechte Konsistenz sein? Da ich sonst nur Brot backe habe ich nicht viel Erfahrung bei Süssgebäck. Hatte jedoch von Anfang an ein schlechtes Gefühl, dass die Konsistenz der Schokolade nicht korrekt sein wird. Zuerst wollte meine Mutter Erdnussmus anstatt Erdnussbutter verwenden, doch da habe ich den enormen Unterschied der Konsistenz sofort gesehen, was ihrer Meinung nach „fast gleich“ sei, konnte jedoch noch Erdnussbutter auftreiben. Ausser der Backschokolade waren alle Zutaten/Zubereitung wie angegeben.
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Danke für das Feedback. Bei mir waren sie letztes Mal weniger bröckelig als eher trocken, da zu lange im Backofen. ;-)
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Robin
7/7/2021 03:03:08 am
Ist zwar schon länger her, aber sie waren sehr lecker! Es lag ja an der Konsistenz, den Geschmack betraf es nicht :) Ich habe seit diesem Versuch jedoch einiges über das backen gelernt und denke mittlerweile auch, dass es an meinen Backkünsten lag. Werde dieses Wochenende jedoch einen 2. Versuch starten, aber mit guter Schokolade :D
Hoi Robin. Kein Ding.
Robin
8/7/2021 02:15:47 am
Danke für den Tipp mit den Himbeeren! Ich liebe Himbeeren :D Leave a Reply. |
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